VEREINS - CHRONIK
Obwohl es im Bayerischen Wald in den 50iger und 60iger Jahren kein Eisstadion gab, erlebte der
Eisschießsport gerade da seine Blütezeit. Im Landkreis Regen verging damals kaum ein Jahr ohne
Vereinsgründung. Es war erstaunlich, mit welchem Ergeiz die Eisschützen versuchten, ihren Sport
populär zu machen und man sah in den Wintermonaten selten einen zugefrorenen Weiher oder
Flusslauf, auf dem nicht eisgeschossen wurde.
Mit "Vollstöcken" von Wagnern, wie z. B. dem allseits bekannten "Kopp-Wonga", seines Zeichens
Wagnermeister aus Bärndorf bei Regen, kunstvoll aus Holz gedrehten und mit einem wuchtigen
Eisenring versehenen Ungetümen wurden die Wettkämpfe ausgetragen. Das Geheimnis jedes
Eisschützen lag damals in der "Bodenbeschaffenheit" seines Sportgerätes. Aus Hart- oder Weichholz -
für jede Wetterlage - mussten die Eisstöcke beschaffen sein, mit allen möglichen erlaubten und
unerlaubten Mitteln präpariert, damit der Stock wie gewünscht über das glatte Eis glitt und wenn
er einmal stand auch nicht mehr so leicht weggeschossen werden konnte. Weil aber die
Materialausstattung - es gab damals noch keine Sportgeräte mit Wechselplatten - zu wünschen
übrig ließ, gab es nur wenige Bayerwaldvereine, denen über die Landkreisgrenzen hinaus
sportlicher Erfolg beschieden war. Erst Ende der 60iger Jahre gelang es dem Regener Wilhelm
Grünzinger, einen turniertauglichen Eisstock mit schraubbaren Wechselplatten zu entwickeln.
Denn welche Möglichkeiten hatten die Eisstockschützen damals schon zum trainieren?
Da waren die Dorfweiher, der Arbersee, der Regenfluss und die wenigen Freibäder - soweit
die Gemeinden sie zur Benützung freigaben. Ich denke noch gerne zurück an die Großturniere
mit bis zu siebzig Mannschaften (siehe Bild), die bei herrlichem Winterwetter auf dem schwarzen
Kerneis des Arbersees oder des Regener Stausees ausgetragen wurden. Da trieb man den
Sport noch auf Bahnen, die über vierzig Meter lang und durch Schnee oder Risse im Eis oft
dermaßen uneben waren, dass der Schütze schon einen oder zwei Stöcke "zulegen" musste,
um sein Ziel zu treffen.
Feingefühl - heute fast ein Fremdwort im Eisschießsport - war da noch gefragt. Gut in Erinnerung
habe ich aber auch noch die "schlechten Zeiten", wo Petrus kein Erbarmen mit den Eisstockschützen
hatte und auf den Eisbahnen katastrophale Verhältnisse herrschten. Schnee und Winterstürme bei
Minusgraden bis zu 15 ° Celsius waren bei den damals üblichen Zweitagesturnieren keine Seltenheit.
Dann am 14. und 15. Januar 1961 erlebte Regen das größte Eissportereignis überhaupt:
Zum ersten Mal in der Geschichte des deutschen Eisschießsports fand im Bayerischen Wald
eine Europameisterschaft statt. Mannschaften aus der Schweiz, Italien, Jugoslawien und
Österreich nahmen daran teil und alles was Beine hatte, pilgerte zum Regener Stausee. Die
Medien waren voll des Lobes und berichteten von einem "Hochfest des Eissports" und einer
"bis aufs i-Tüpfelchen stimmenden Großveranstaltung, die zweifellos in die Geschichte des
internationalen Eisschießsports als eine der bestorganisierten Titelkämpfe eingehen wird."
Man muss sich einmal vorstellen: Um Risse und Unebenheiten auf den Eisbahnen möglichst zu
vermeiden, ließ man am Vortag die gesamten Turnier-Eisfläche ausschneiden. Organisiert und
ausgerichtet wurde diese Großveranstaltung damals von der ARGE Europameisterschaft mit
ihrem unermüdlichen Vorsitzenden Josef Hirtreiter.
Die Eröffnung der Europameisterschaft auf dem Regener Stausee
Einmarsch der Deutschen Mannschaften Aufstellung bei der Nationalhymne
Noch unter dem Eindruck dieses Ereignisses und der Tatsache, dass in Regen gerade wieder
sieben Eisschießvereine gegründet wurden, schlug die Geburtsstunde unseres Vereins. Es
waren eine Handvoll Idealisten, die sich am 7. Februar 1963 im Wirtshaus Kopp am Kalvarienberg
(heute Seminarhaus Regen) zusammensetzten und beschlossen, den
"EISSCHÜTZENVEREIN NEU-BÄRNDORF REGEN"
zu gründen. Neu-Bärndorf deshalb, weil die ersten Mitglieder zwischen der Stadt Regen und
dem nahen Dorf Bärndorf ihr Zuhause hatten und die Städter dieses Neubaugebiet "Neu-Bärndorf"
nannten. Die Gründungsmitglieder waren: Sepp Wiesgickl, Georg Kopp sen. und jun., Helmut Nebel,
Hans Kopp, Alois Lukas, Otto Kroiß, Engelbert Kaufmann, Peter Rankl und Christian Waldhäusl.
Zum Gründungsvorstand wurde Josef Wiesgickl gewählt. Am 19. April 1963 wurde der Verein in
den Bayerischen Landessportverband aufgenommen.
Ein Verein braucht ein Vereinswappen und Franz Stark, seines Zeichens Vereinskassier und mit
einer künstlerischen Ader ausgestattet, hatte die Idee für ein Emblem, das den Vereinsnamen
wiederspiegelt.
Und so entstand der Bär auf dem Eis, mit einem Eisstock und zwei Fichten im Hintergrund.
Mit diesem von den Regener Klosterschwestern liebevoll gestickten Wappen, aufgenäht auf
die gelben Vereinspullovern, traten die Neu-Bärndorfer Eisschützen in den 60iger und 70iger
Jahren zu ihren Wettkämpfen an.
Die Mitgliederzahl wuchs rasch und es fanden sich immer mehr Eisschützen zusammen,
die sich an den Wochenenden im Vereinslokal auf dem Kalvarienberg trafen. Da wurden Turniere
besprochen, Erfahrungen ausgetauscht und eines Tages fasste man den Entschluss, einmal selbst
ein großes Eisschießturnier zu organisieren und durchzuführen. Unter Mithilfe aller Mitglieder
richteten die Neu-Bärndorfer Eisschützen 1973 zu ihrem 10jährigen Jubiläum auf dem Regener
Stausee ein Großturnier aus, das seinesgleichen suchte. 60 Mannschaften aus ganz Bayern nahmen
daran teil und das Turnier war damals eine der größten Sportveranstaltungen auf dem Regener See.
Früh erkannten die Verantwortlichen, dass ein Verein auf Dauer nur durch Nachwuchsförderung
bestehen und Erfolg haben kann. An eisschießbegeisterten Buben war kein Mangel und schon
1964 gründete der EV Neu-Bärndorf eine Jugendmannschaft. Es dauerte auch nicht lange,
bis sich bei den Buben Erfolge einstellten. Schon in den 60iger Jahren qualifizierten sich die
jungen Eisschützen zur Teilnahme an Deutschen Jugendmeisterschaften. Die größten Erfolge
aber hatten die Buben im Einzelschiessen. So wurde Wolfgang Leitl schon im Jahr 1966 als
18jähriger Dritter bei der Deutschen Jugendmeisterschaft im kombinierten Stock- und Zielschießen
auf dem Arbersee, Helmut Schedel 1969 Bayerischer Meister in Inzell und Manfred Gschwendtner
1970 Dritter bei den Deutschen Jugendmeisterschaften in Inzell. Die größten Erfolge in der
Vereinsgeschichte aber hatte als Einzelschütze der damals erst 16jährige Andreas Leitl. Er holte
sich in den Jahren 1993 bis 1995 alle Titel, die man sich als junger Einzelschütze nur erträumen kann:
Deutscher Vizemeister U16, Europameister U16 in Bled/Slowenien (2 Goldmedaillen Einzel und
Mannschaft), Deutscher Meister U18, Teilnehmer an der Europameisterschaft in Garmisch und
Silbermedaillenewinner mit der Mannschaft Deutschland bei der Europameisterschaft
in Küsnacht/Schweiz.
Im Jahr 1976 gelang es der 1. Mannschaft endlich, von der Kreisklasse in die Bezirksliga
aufzusteigen. Die fehlenden Trainingsmöglichkeiten - Regen hatte zu dieser Zeit noch kein
Eisstadion - waren der Grund, dass man acht lange Jahre sportlich nicht vorankam. Zwar waren
die Schützen dem Aufstieg oft ganz nahe; der Knoten platzte aber erst im Jahr 1984, als es gelang,
in die Landesliga aufzusteigen. Dann ging es Schlag auf Schlag. Dank des 1979 in Regen
erbauten Eisstadions, das nach dem Eisschießpionier Franz Zwiebel benannt wurde und den
damit geschaffenen optimalen Trainingsmöglichkeiten, folgte im Jahr 1985 der Aufstieg in die
Oberliga, 1987 in die Bayernliga, 1988 in die Regionalliga und 1989 als Bayerischer Meister
in die Bundesliga (Bild unten). Der Verein hatte in diesen Jahren 9 Mannschaften zwischen
Bezirksliga und C-Klasse sowie eine Schüler-, Jugend- und Juniorenmannschaft im Spielbetrieb.
In Slowenien, der Schweiz, Tschechien, Italien und Österreich beteiligte sich der Verein mit Erfolg
an internationalen Auslandsturnieren.
Besonders stolz war man beim EV Neu-Bärndorf darauf, dass in den 80iger Jahren der Aufstieg
von der Bezirksliga bis in die höchste deutsche Spielklasse, die Bundesliga, mit "Eigengewächsen"
wie Wolfgang Leitl, Johann Nirschl, Franz Feineis (alle aus der Jugend hervorgegangen),
Josef Nirschl, und Günther Kronschnabl, erzielt wurde.
2004 qualifizierte sich die Mannschaft zur Teilnahme am Deutschen Pokal Sommer und Winter.
Beim Deutschen Pokal Sommer 2005 in Burgkirchen wurde die Mannschaft Deutscher
Pokal-Vizemeister. 2007 dann erstmals die Teilnahme am Europacup in Gmunden / Österreich.
Bei der Deutschen Meisterschaft 2007 in Waldkraiburg und 2008 in Harsefeld (Hamburg) hatte
man jeweils im Finale Pech und es reichte beide Male nur zum Deutscher Vizemeister. Den größten
Erfolg aber hatten die Senioren (Ü50). Sie qualifizierten sich zur Teilnahme am Deutschen Pokal,
wurden in Waldkraiburg ohne Punktverlust Deutscher Pokalsieger 2008 und wiederholten diesen
Erfolg 2009 in Jonsdorf, 2012 in Frankfurt und 2013 in Berlin. Im Jahr 2016 in Harsefeld war der
ganz große Titel wieder ganz nah - aber es reichte als Zweitplatzierter zum "Deutschen Vizemeister".
Wie so oft im Sport, musste die 1. Mannschaft im Jahr 2000 mit viel Pech in die Regionalliga
absteigen. Einziges Ziel für die nächste Saison war der Wiederaufstieg, der als Regionalliga-Erster
und Bayerischer Meister auch gelang. Das gleiche geschah in der Saison 2010/11, aber auch
hier kam die Mannschaft 2012/13 als 1. und Bayerischer Meister wieder in die höchste Spielklasse
zurück. Gebeutelt durch Spielerabgängen und Krankheiten war es im Winter 2015/16 nicht möglich,
die 1. Liga zu halten und es kam erneut zum Abstieg. Dann der Wiederaufstieg im Jahr 2017
und schon 2018 wieder der Abstieg in die 2. Liga. 2019 dann völlig unerwartet der Abstieg
in die Bayernliga - sowohl im Winter- als auch im Sommerspielbetrieb. Im Winter 2020 platzte
aber dann doch der Knoten und es ging mit Platz 3 und einer sehr guten Leistung wieder
hinauf in die 2. Bundesliga.
Leider mußte der Winterspielbetrieb für die Saison 2022/23 wegen Spielermangel abgemeldet
werden. Damit steigt der Verein von der 2. Bundesliga in die Bezirksoberliga ab.
Der Sommerspielbetrieb mit einer Mannschaft in der Bayernliga bleibt aufrechterhalten.
In gesellschaftlicher Hinsicht bietet der EV Neu-Bärndorf seinen Mitgliedern ein breitgefächertes
Programm: Wanderungen, Schafkopfturniere, Vereinsmeisterschaften im Kegeln und Eisstock-
schiessen, Vatertagsausflüge und alle zwei Jahre ein Vereinsausflug finden guten Zuspruch. Von
1988 bis 2008 veranstaltete der Verein für Mitglieder, Angehörige und die Bürger der Stadt Regen
Sommerfeste mit Festzeltbetrieb. Dabei wurde auch eine schon fast vergessene lokale
Sportveranstaltung der Stadt wieder neu belebt: Im Rahmen des Festes war der EV Neu-Bärndorf
jedes Jahr Ausrichter der zur Tradition gewordenen "Regener Stadtmeisterschaft", die zusammen
mit einem Gästeturnier im Eisstadion Regen ausgetragen wurde. Die vorübergehende Schließung
des Eisstadions im Jahr 2010 und vor allem das mangelnde Interesse der Regener Vereine an einer
Stadtmeisterschaft veranlassten den Verein, diese Veranstaltung nicht weiter zu führen.
Vom Gründungsvorstand Josef Wiesgickl übernahm 1969 Johann Kopp und 1970 Anton Leitl
die Vereinsführung. Ihm verdankt der Verein den sportlichen Aufstieg und den gesellschaftlichen
Zusammenhalt. Leitl, der 17 Jahre den Vorsitz führte, hat den EV Neu-Bärndorf und den Eisschießsport
im Raum Regen geprägt. Sei es als Funktionär bei der Arbeitsgemeinschaft Europacup, als
langjähriger Jugendleiter oder als Vereinsvorstand - er war einer der Eisschießpioniere der
Stadt Regen, die im Stillen wirkten und aufgrund ihres Sachverstandes und ihres Organisationstalents
großes Ansehen genossen. In Anerkennung seiner Verdienste wurde Anton Leitl 1986 zum
Ehrenvorsitzenden ernannt. Ihm folgte 1986 Jochen Hirtreiter und 1998 Franz Leitl. Seit 2010
führt Franz Feineis den Verein.
Die Vorsitzenden vl. Josef Wiesgickl (1963-1969), Johann Kopp (1969-1970), Anton Leitl (1970-1986),
Jochen Hirtreiter (1986-1998), Franz Leitl (1998-2010, Franz Feineis (seit 2010).
Seit November 1988 ist der Eisschützenverein Neu-Bärndorf Regen beim
Amtsgericht Deggendorf als "eingetragener Verein" registriert .
Im April 2003 feierten Vorstandschaft und Mitglieder das 40jähriges Bestehen und im April 2013
folgte dann als Höhepunkt in der Vereinsgeschichte der Festakt "50 Jahre EV Neu-Bärndorf Regen".
Gefeiert wurde dort, wo alles begann: Im Kopp-Wirtshaus am Kalvarienberg (heute Seminarhaus
Kalvarienberg). Neben zahlreichen Mitgliedern und Familienangehörigen waren Bürgermeisterin
Ilse Oswald, der stv. BLSV Kreisvorsitzende Harald Haase und der stv. Kreisvorsitzender des
Kreises 100 Andreas Hartl als Ehrengäste gekommen. Nach der Ehrung langjähriger und
verdienstvoller Mitglieder zeigte Vorsitzender Franz Feineis - unterstützt von seinem Sohn Martin -
eine faszinierende Leinwandpräsentation über 50 Jahre Vereinsgeschichte. Es war eine Rückschau
auf großartige sportliche Erfolge, zahlreiche unvergessene Veranstaltungen und die Erinnerung
an leider schon verstorbene Vereinsmitglieder.
Dann im Frühjahr 2020 kam das CORONAVIRUS in die Welt und das sportliche und gesellschaftliche
Vereinsleben wurde stillgelegt. Seit Februar 2020 ist das Eisstadion Regen geschlossen und alle
Eissportveranstaltungen mußten abgesagt werden. Auch beim EV Neu-Bärndorf und allen Sportvereinen
in Bayern steht das Vereinsgeschehen seither still. Unter strengsten Auflagen konnte im Oktober 2020
noch eine Generalversammlung mit Neuwahlen abgehalten werden in der Franz Feineis zum
1. Vorsitzenden und Thomas Kopp zu seinem Stellvertreter gewählt wurden. Welche Folgen das Virus
aber für die kleinen Sportvereinen in unserer Region hat, ist nicht abzusehen.
Der Verein führt seit seiner Gründung eine Chronik. Dort sind alle Turniere, Platzierungen und
Spielernamen eingetragen und sie enthält die Presse- und Ergebnisberichte aller Veranstaltungen
und Erfolge. 50 Jahre EV Neu-Bärndorf füllen inzwischen zwei dicke Bücher, denn der Chronist hat 2004
begonnen, die erfolgreiche Geschichte des EV Neu-Bärndorf Regen im zweiten Band fortzuschreiben.
Vorsitzender Franz Feineis und die Vorstandschaft hoffen, dass der Eisschützenverein
Neu-Bärndorf Regen e. V. auch in Zukunft sportlich erfolgreich bleibt und seinen Mitgliedern,
Freunden und Gönnern, sowohl in sportlicher als auch in gesellschaftlicher Hinsicht viel Freude bereitet.
Jochen Hirtreiter
(Chronist)